Handbelichtungsmesser

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Christian Woehrl:

Anm. d. Verf.: Dieser Text entspringt nicht komplett meinem Fachwissen, sondern basiert außerdem auf drf-Beiträgen verschiedener Autoren, namentlich Dieter Lefeling, Michael Quack, Soenne, Tom! und Wolfgang Kommerell (hoffentlich hab' ich keinen vergessen :-))


Warum überhaupt ein Handbelichtungsmesser?

Warum überhaupt ein Handbelichtungsmesser angesichts all der raffinierten entfernungsgekoppelten, datenbankgestützten Multimatrixmeßmethoden moderner Kameras?

  • Weil ein Belichtungsmesser grundsätzlich darauf geeicht ist, einen mittleren Grauwert (18% Reflexion) korrekt wiederzugeben. Der Tatsache, daß die wenigsten Motive durchschnittlich 18% reflektieren, versuchen die Kamerahersteller mit immer aufwendigeren Mehrfeldmessungen samt Vergleich mit „ähnlichen" gespeicherten Bildern gerecht zu werden. Das funktioniert prinzipbedingt um so besser, je „normaler" das Foto ist. Und normale Fotos sind ja nicht das, worauf ein leidenschaftlicher Lichtbildner aus ist.
  • Weil die meisten Handbelichtungsmesser die „Lichtmessung" beherrschen. Im Gegensatz zur „Objektmessung", wie sie die Kamera vornimmt, wird dabei das Licht gemessen, das aufs Objekt fällt, und nicht das, das von diesem reflektiert wird. Meßfehler durch sehr helle oder sehr dunkle Motivpartien werden so wirkungsvoll vermieden. Und Objektmessung kann der Beli außerdem, meist in einem Meßwinkel von 30 bis 40 Grad, was dem Bildwinkel eines leichten Teles entspricht.
  • Weil viele Belis auch Spotmessung können. Entweder serienmäßig oder per Aufsatzgerät. Damit kann man den Kontrastumfang des Motivs bestimmen, was insbesondere bei der Bildanalyse nach Zonensystem (siehe dort) unabdingbar ist. Diese Funktion ist selbst dann sinnvoll, wenn die Lieblingskamera auch ’nen Spotti hat: Schon mal langwierig den Bildausschnitt bestimmt, Stativkopf fixiert und dann überlegt, daß man ja auch eine Kontrastmessung vornehmen könnte?-)
  • Wegen der Blitzmessung, die zumindest ein professioneller Beli auch kann. Denn spätestens, wenn zum TTL-Aufsteckblitz noch der eine oder andere Knuffi (siehe FAQ zum Porst-Blitz) in Betrieb genommen wird, möchte man die Lichtwirkung planen können und nicht mehr nur schätzen.
  • Und außerdem sieht das zusätzliche Gürteltäschchen einfach professionell aus ...

Welchen Belichtungsmesser kaufen?

Selen, CdS, SBC?

Einfachere Belis nutzen Selen-Elemente zur Messung. Die haben schon ab Werk keine sonderlich hohe Lichtempfindlichkeit (typischerweise minimal Lichtwert (LW) 5, was bei 100 ASA einer Belichtungszeit von 1/2 Sekunde bei Blende 4 entspricht). Die Empfindlichkeit nimmt zudem im Alter noch ab, was dann zu Fehlbelichtungen führen kann. Einziger nennenswerter Vorteil: Diese Modelle benötigen keine Batterie.
Bessere Wahl laut herrschender drf-Meinung (hM) sind CdS-Modelle. Die brauchen zwar eine Batterie, fangen aber schon mit dem Messen an, wenn die Kollegen noch se(e)lenruhig schlummern. Meist etwa bei LW -2, entsprechend 1 Minute bei f/4 und 100 ASA, manchmal auch schon darunter. Bei CdS unbefriedigend ist allerdings das „Gedächtnis", das nach der Messung sehr heller Partien vorübergehend zu Meßfehlern in dunklen Bereichen führt.
Derzeitiger Stand der Technik sind SBC-Belis, die nur noch dann über ein Gedächtnis verfügen, wenn man es per Meßwertspeichertaste aktiviert. Praktisch alle modernen Geräte arbeiten mit der Silizium-Diode.

Analog oder digital?

Die allerwenigsten analogen Belis sind auch für Blitzmessung vorgesehen, und wenn, dann nur mit funktionellen Einschränkungen. Analoge Geräte mit Nadelanzeige leiden zudem laut hM stärker unter den unvermeidlichen Stößen des Profi-Alltags als ihre digitalen Brüder. Sie zeigen meist nicht nur eine Blenden-Zeit-Kombination an, sondern gleich die ganze Palette von f/0,7 bis f/128, was eher unübersichtlich ist. Andererseits läßt sich mit einer Nadelanzeige eine Über- oder Unterbelichtung manchmal anschaulicher visualisieren als auf einem ohnehin überfrachteten LC-Display. Und auf dem ollen Profisix kann man einem Anfänger anhand der üppigen Skala wunderbar die Zeit-/Blenden-Verhältnisse erklären ... Ein gut gestaltetes LC-Display hingegen zeigt nur die jeweils wesentlichen Parameter, was (nicht nur) beim Arbeiten unter Zeitdruck von Vorteil ist.

Was soll er können?

Hier scheiden sich die Geister. Wo der eine Meister auf seine Meßzwiebel mit Kalotte zur Lichtmessung schwört, benutzt der andere nur den Spotmeter samt Graukarte. Einig ist sich die hM, daß ein anständiger Beli bei 500 bis 600 Mark anfängt, Minderheitenvoten gibt’s für Exoten wie den Selen-Messer von Sekonic oder für frühe Gossen-Modelle im attraktiven Elfenbein-Look. Als Langfrist-Investition, die ein Gerät der 500-Plus-Preislage wohl darstellt, sollte das Gerät nicht nur Dauerlicht-, sondern auch Blitzmessung beherrschen. Anachronistische Analog-Technik also nur für den, der an seine Dias nur Sonne und Baustrahler läßt. Und wenn Blitzmessung, dann mit verschiedenen Torzeiten (sagt der Profi im Zusammenhang mit dem Beli, wenn er die Synchronzeit meint) und nicht nur mit 1/125 Sekunde - je besser der Beli auf die tatsächlich verwendete Verschlußzeit eingestellt werden kann, desto präziser kann er die jeweiligen Einflüsse des Umgebungslichts berücksichtigen. Die Entscheidung zwischen Spot- und Lichtmessung ist glücklicherweise meist keine endgültige. Denn viele der angebotenen Lichtmeß-/40°-Geräte lassen sich per 5°-Vorsatz um eine Spotfunktion erweitern. Wer allerdings von vornherein weiß, daß er auf die Lichtmessung garantiert verzichten und in kritischen Fällen mit der Graukarte umgehen kann, tut gut daran, einen reinen Spotmeter zu kaufen (z.B. Gossen Spotmaster, Minolta Spotmeter F). Denn Vorsätze sind meist nach dem Sucherkamera-Prinzip gebaut: Oben durchgucken, unten messen. Im Nahbereich gibt’s dann Abweichungen zwischen angepeiltem und gemessenem Bildelement, was die angestrebte Meßperfektion wieder ad absurdum führt. Weiterhin gibt’s Kombigeräte, die sowohl Licht- als auch echte „einäugige" Spotmessung beherrschen (z.B. Sekonic 408/508). Bei diesen ist allerdings zu beachten, daß die Empfindlichkeit bei Objektmessung eher bescheiden ist (beim 508 etwa EV 2 bzw. Blitz erst ab f/5,6 - dann also einen Knuffi mehr aufstellen ...).
Sonstige Ausstattungsmerkmale sind eher Geschmackssache: etwa, ob man die automatische Anzeige des Blitz-/Dauerlichtverhältnisses benötigt, die Berechnung der nötigen Blitze für eine gewünschte Blende oder eine Durchschnittswert-Ermittlung aus mehr als einem halben Dutzend Einzelmessungen. Wichtiger ist im täglichen Fotografenleben, ob man die Bedienung als angenehm und logisch empfindet und ob die Tasten oder Rädchen sich ggfs. auch mit Handschuhen befummeln lassen.


Nach dem Kauf, aber vor dem Ernstfall

  • Die hM ist sich uneins: Liegen Fabrikate der Firma XY grundsätzlich um zwodrittel Blenden daneben oder nicht? Wie auch immer: Bevor man sich für kritische Aufnahmen auf den neuen Beli verläßt, sollte man erst mal ein Exemplar des Lieblingsfilms mit Belichtungsreihen durchnudeln und das Teil auf den eigenen Geschmack und Bedarf eichen.
  • Auch die Graukarte sollte eingetestet werden: Kodak z.B. gibt für sein Produkt genaue Anweisungen, was den Winkel zu Kamera bzw. Lichtquelle angeht, und schon geringe Abweichungen führen zu erheblichen Unterschieden in der Belichtung. Zudem kann ein Meßergebnis nach Graukarte stärker von Streulicht beeinflußt werden als eines nach Lichtmessung. Daher sollte man vorab bestimmen, welche Korrekturfaktoren für die jeweilige Anwendung einzurechnen sind, bevor man sich auf die Graukarte als Referenz verläßt.


Siehe auch