Sensorreinigungs-FAQ

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Dieser Artikel basiert auf der am 07.01.2011 in d.r.f geposteten Sensorreinigungs-FAQ von Volker Bartheld.

Wann habe ich Dreck auf dem Sensor, wann auf dem Spiegel, der Mattscheibe oder dem Sucher?

Zunächst

In aller Regel befinden sich Verunreinigungen nicht auf dem Sensor (d. h. den hochempfindlichen CCD- oder CMOS-Pixeln) selbst, sondern auf dem mit ihm staubdicht verklebten oder sonstwie verbundenen Deckglas. Meist ist letzteres ITO-beschichtet (bei ITO handelt es sich um ein optisch transparentes Metalloxid, konkret: Indium-Zinn-Oxid) und meist aus Lithiumniobat.

Wenn dieses Deckglas mit einer zerstreuenden Mikrostruktur ausgestattet ist, nennt man es auch AA- oder Tiefpaßfilter und es dient dem Schutz des Sensors, dem Ausfiltern von IR- und UV-Strahlung, der elektrischen Abschirmung der geladenen Fotozellen (s. auch den Staubmagneteffekt von Röhrenfernsehern!) und der Reduzierung von Moiree-Effekten auf der regelmäßigen Sensorstruktur.

In der folgenden Diskussion soll aber weiterhin von "Sensor" gesprochen werden, wenn das jeweils äußerste, mechanisch zugängliche optische Element auf dem Sensor gemeint ist.

Wie differenziere ich also die Orte?

Ist der Dreck auf dem fertigen Foto (d. h. im Review-Monitor bzw. der Datei) zu sehen, liegt er auf dem Sensor. Nur den lohnt es sich (mit Heimwerkermethoden) zu reinigen, weil die Mattscheibe oder der Spiegel entgegen landläufiger Meinung viel empfindlicher ist (!), als die Sensoroberfläche selbst.

Die Reinigung verschmutzter Spiegel und Mattscheiben gehört in die Hand des Profis.

Um Staub auf dem Sensor zweifelsfrei zu identifizieren, empfiehlt es sich mit einer Telebrennweite (auch das Kitzoom auf 50 oder 70mm ist halbwegs OK - je größer die Brennweite, je besser) und maximal geschlossenere Blende (also größtmöglicher Schärfentiefe) unscharf gegen einen gleichmäßig hellen Untergrund (weiße Wand, blauer Himmel, heller Bildschirmhintergrund eines Monitors, etc.) zu fotografieren.

Dabei darf bzw. soll sogar (beispielsweise manuell) durchaus unscharf fokussiert werden (d. h. "Naheinstellgrenze" wenn der Untergrund weit weg und "unendlich", wenn der Untergrund nah ist) und es macht überhaupt nichts, wenn man die Kamera während der Belichtung bewegt - ja, es ist sogar nützlich, da man die Oberläche des Sensors und kein externes Motiv abbilden/analysieren will.

Der technische Hintergrund dazu

Wie oben schon ausgeführt, wirft das Staubkörnchen oder der Fleck auf dem Sensordeckglas also aus einer gewissen Distanz einen Schatten auf den Sensor. Dieser Schatten ist umso schärfer umrissen umso "punktförmiger" die Lichtquelle ist, die man aufnimmt bzw. umso enger begrenzt der Lichtkegel. Und das ist eben bei besonders kleinen Blendenöffnungen der Fall.

Bei einigen Kameramodellen hat es sich übrigens bewährt, die Belichtungskorrektur zur Reduzierung der Belichtung (-0.7EV) einzusetzen oder gleich den M-(manuellen)-Modus zu bemühen - wichtig ist, daß das Bildhistogramm auf der hellen Seite nicht anstößt.

Oft lassen sich dann Sensorverschmutzungen schon auf dem Review-Monitor in 50- oder gar 100-prozentige Vergrößerung ausmachen - mit Sicherheit dann aber im Bildbearbeitungsprogramm wenn man die Hilfsmittel "Histogrammkorrektur" bzw. "Equalize/Stretch Histogram" anwendet. Nicht erschrecken - lange nicht gereinigte Sensoren sehen oft fürchterlich aus!

Im Umkehrschluß bedeutet das übrigens auch, daß Fans von reichlich "Bokeh", die mit weitoffenen Festbrennweiten auf F/2.0 oder weniger fotografieren sicher weniger Anstoß an verschmutzten Sensoren nehmen als Landscaftsfotografen, die F/10 oder mehr bemühen.

Die Erfahrung bestätigt die Daumenregel, daß wenige Pixel (und folglich nur einige Mikrometer) große Verunreinigungen erst ab Blende 8 sichtbar und oberhalb von 12 störend werden.

Was ist denn überhaupt staubfrei?

Man sollte sich dessen im Klaren sein, das es soetwas wie ein "sauberes Kamerainneres" nicht gibt. Es stellt sich nach einiger Zeit immer ein gewisses Gleichgewicht ein, welches man durch Auslösen des Verschlusse, zoomen von Objektiven und/oder einen Objektivwechsel stört. Die u. a. Reinigungsmethoden beeinträchtigen dieses Gleichgewicht ebenfalls (leider nur für einige Zeit!), da sie im Kamerainneren/auf dem Sensor die Partikelzahl senken.

Das bedeutet, daß man

  1. eine Reinigung am besten unter möglichst staubarmen Bedingungen (ein gefliestes Bad eignet sich besser als ein staubiges Hotelzimmer) und bei guter Beleuchtung durchführt.
  2. Ebenfalls hat sich bewährt, vorher mit dem Wassersprüher ("Blumenspritze") durchs Zimmer zu gehen. Diese Methode bindet Staub und verbessert ganz nebenbei auch noch das Raumklima. ;-)
  3. Der Arbeitsplatz sollte sauber (keine Essensreste, keine PCs mit Lüfter in der Nähe) und hell (Schreibtischlampe etc.), die Handgriffe planvoll, überlegt und evtl. vorher "trockengeübt" sein. Insbesondere bei den Feuchtreinigungsmethoden auf saubere Ablagemöglichkeiten achten. Wer hat, der möge Latexeinmalhandschuhe anziehen und eine Kopfhaube und Mundschutz (aus dem Klinikbedarf) tragen.

Konsequenz: Bei eigenen Reinigungsversuchen, insbesondere bei hochauflösenden Sensoren ist man auf wirklich sauberes Reinigungsmaterial angewiesen ist. Das gilt ebenfalls für die etwa verwendeten Tücher, Pinsel etc.

Welche Reinigung(smethode) soll ich anwenden?

Untaugliche Methoden

Photosol Sensor Brush

Die SensorBrush-Methode hat der Verfasser mehrfach ausprobiert und ist damit gescheitert. Entweder kam das Exemplar des "Photosol BrushOff" nicht aus der Weltraumforschung oder es wurden bei der akribisch nach Handbuch vorgenommenen Inbetriebnahme und der Reinigung etwas falsch gemacht. Im Endeffekt konnte zwar der vorhandenen Staub entfernt werden, neu hinzu kamen aber einige perfekt zylindrische, haarförmige NEUE (!) Rückstände, die z. B. Spitzen von abgebrochenen Pinselfasern sein könnten.

Der Blasebalg (s. unten) hat das Problem gelöst - nach Meinung des Verfassers hätte der dazu aber auch gleich verwendet werden können. Zum Abstauben von Polfiltern und Frontlinsen taugt der Brush aber ganz gut.

Außerdem sammelt man sich mit etwas Pech irgendwo im Inneren der Kamera einen Spritzer Fett auf und schon ist erst der Pinsel und anschließend der Sensor verschmiert.

Discofilm et al.

Bei Discofilm (Anm.: Angeblich gibt es inzwischen ein besser handzuhabendes Produkt, nennen wir es "Sensorfilm", mit veränderter Rezeptur - dem Wesen nach bleibt die Problematik aber gleich) handelt es sich mutmaßlich um ein wasserlösliches Polymer weswegen er mit fettliebenden Verschmutzungen wie angetrockneten Pollen, Hautschüppchen, Öltröpfchen (ja, auch das gibt es - nahezu alle D-SLR haben in ihrem Inneren Teile, die der Schmierung bedürfen) - und diese sind es wohl, die man nicht trivial vom Sensor pusten oder schütteln kann - seine liebe Not hat.

Methanol (ein kurzkettiger Alkohol, alte Chemikerweisheit: "Gleiches löst sich im Gleichen") hingegen kann diese Verschmutzungen aufweichen und ablösen, ist zudem auch noch hygroskopisch (was in diesem Fall ein Vorteil ist) und neigt deswegen weniger stark zur Schlierenbildung als Isopropanol (mit unvermeidlichem Wasseranteil), welches auch gerne (und vermutlich erfolgreicher als Sensorfilm) für die Sensorreinigung eingesetzt wird.

Fazit: Was mit Sensorfilm geht, ginge auch mit einem Blasebalg (oder dem wasser-/ölfreien Luftstrahl einer Ausblaspistole). Was einer Naßreinigung bedarf, kann auch der Discofilm nicht richten.

Zudem geht es im Sensorschacht einer Kamera oft recht eng zu, der Sensorfilm kann in Stellen/Winkel (wie die Verschlußführung) verlaufen, die sich extrem schlecht reinigen lassen und beim Abziehen des Films können "Popel" zurückbleiben (während eine Feuchtreinigung mit Alkoholen bestenfalls Schlieren hinterläßt) oder der Abziehstreifen reißen.

Obendrein soll der Sensorfilm ja schnell (kontraproduktiverweise bei ungeschütztem Kamerainneren, zurückgeklapptem Spiegel und offenen Verschluß) trocknen und kann dabei, selbst wenn er Tenside zur Fettlösung enthält, die Verschmutzungen selbsttätig nicht schnell genug an- und vom Sensor ablösen. Kurz: Der Reinigungsprozeß dauert - im Vergleich zu anderen "feuchten" Methoden - unerfreulich lang.

Last not least: Wer erlebt hat, wie stark man ggfs. mit Eclipse/SensorSwab rubbeln muß, um eine hartnäckige Kontamination zu entfernen, macht sich wenig Hoffnungen, daß das mit einem wie auch immer gearteten, druckfrei aufgebrachten Lack ebenfalls funktionieren könnte. NB: Nikon nutzt oft sogar einen Holzspatel, Reinraumtuch und hochreines Methanol (von der Wundbenzinmethode, s. u. hält der Autor wenig) um noch mehr punktuellen Druck aufbauen zu können.

"Wundbenzin"

Wundbenzin (z. B. aus der Apotheke, s. auch http://de.wikipedia.org/wiki/Wundbenzin) ist eine unbekannte Mischung aus diversen aliphatischen und zyklischen Kohlenwasserstoffen - womöglich nicht gerade hochrein. Ohne detaillierte Kenntnisse, was die Substanz (oder deren Ausdünstungen) mit ITO-Beschichtungen oder Antireflexvergütungen anfängt, kann von einer Feuchtreinigung mit Wundbenzin nur abgeraten werden.

Eine Stimme aus dem Usenet:

"[...] Am Sonntag beim Nikon Check&Clean hatte der MA dort eine Mischung aus 55% Isopropanol und 45% Wundbenzin verwendet. Gereinigt wurde damit sowohl Sensor als auch Linsen und Filter. [...]"

Hier fragt sich: Mischt sich denn Ispropanol (welcher Wassergehalt?) überhaupt vernünftig mit Petrolether? Und womit wird auf auf dem Sensor gewischt? Holzspatel und Optiktuch? Oder ein wie auch immer gearteter SensorSwab? Auch hier können Unverträglichkeiten auftreten - so löst wird PC (Polycarbonat) z. B. von "Wundbenzin" an- und aufgelöst.

Bei dieser Methode bleibt ebenfalls ungeklärt die Relevanz der Tatsache, daß sich im Umfeld des Sensors evtl. Kleb- und Kunststoffe befinden, die Isopropanol/Methanol nicht, Wundbenzin aber sehr wohl angreifen könnte.

Wasserbasierende Methoden

Nach eigenen Aussagen benutzt Nikon Dostal und Rudolf (München) für die CCD/CMOS-Reinigung an allen Nikon D-SLRs u. a. aus Gründen des Arbeitsschutzes ein ungiftiges Antistatikum auf Wasserbasis. Mehr war nicht zu erfahren (vermutlich spielt auch ein Lösevermittler eine Rolle), die Methode daher nicht für den Hobbyisten praktikabel/reproduzierbar.

Schaschlikstäbchen, Plastikmesser, Q-Tips, Küchenrolle, Taschentücher, etc.

Es gibt bessere Methoden für geringfügig mehr Geld - ohne die innewohnenden Handhabungsschwierigkeiten, das Risiko eines Splitterbruchs oder harter Fasern, die punktuelle Belastungen ausüben und folglich Kratzer oder Fusseln produzieren können.

Wann welche Methode?

Einige Anhaltspunkte:

  1. Je weniger/seltener man den Sensor reinigt, je besser.
  2. Sanftere Reinigungsmethoden vor aggressiveren Reinigungsmethoden, trockene vor feuchten und kontaktfreie vor kontaktbasierenden Reinigungsmethoden.
  3. Wer sein Objektiv selten wechselt (oder beim Wechsel vorsichtig umgeht - mehr dazu im Kapitel "Prävention") muß seltener reinigen.
  4. Ein sauberer Sensor zieht weniger Staub an - insbesondere einer, der beim letzten Mal mit einem sog. "Antistatikum" behandelt wurde.

Wenn es denn aber sein muß, empfiehlt sich folgende Reihenfolge:

Interne Staubabschüttelung

Den (wmöglich) eingebaute Staubabschüttelungsmechanismus der Kamera benutzen. Viele neuen Kameras (Nikon D300, D300s, D700, D3s, etc., Canon EOS 5DMKII, 7D, 30/40/50D, etc., diverse Sonys, ...) können mit Ultraschall/Piezoaktuator am Sensor rütteln.

Der Staub soll dabei abgeschüttelt werden und auf einen Klebestreifen fallen, der meist um unteren Ende des Sensors angebracht ist. Daraus ergibt sich, daß das Reinigungsergebnis meist in normaler Querformathaltung der Kamera am effektivsten ist. Üblicherweise muß man die Staubabschüttelungsprozedur mehrfach (und gelegentlich auch in unterschiedlichen Kamerahaltungen) anwenden, um befriedigende Resultate zu erreichen.

Nach diversen Tests kann nahezu allen Staubabschüttelungsverfahren leider ein nur eher mäßiger Erfolg bescheinigt werden, insbesondere bei öl-/fetthaltigem und daher "klebrigem" Schmutz.

Blasebalg

Technischer Hintegrund

Der (innen puder- und staubfreie) Blasebalg dient dazu, lose anhaftenden Staub vom Sensor zu pusten und letzteren ggfs. auf eine Feuchtreinigung vorzubereiten.

Dabei ist die Kamera (zweckmäßigerweise am Netzteil oder zumindest bei vollgeladenem Akku) in den Sensorreinigungmodus zu versetzen. Manchen neuere D-SLRs (z. B. Nikon D300, D300s, D700) kann man gar nicht befehlen, den Verschluß aufzumachen und den Spiegel hochzuklappen, wenn der Akku teilentladen ist und manche piepsen, wenn die Restkapazität zuneige geht und bevor der Verschluß unweigerlich zugeht. Details hierzu sind unbedingt der Bedienungsanleitung der Kamera zu entnehmen.

Blasebälge kann man sich bei den einschlägigen Fotoausrüstern z. B. unter den URLs

http://www.enjoyyourcamera.com/Kamera-Sensorreinigung/Blasebaelge-Druckluft/Power-Blasebalg-mit-zweistufigem-Ventil::2293.html http://www.enjoyyourcamera.com/Kamera-Sensorreinigung/Blasebaelge-Druckluft/Profi-Blasebalg-VisibleDust-Zeeion-antistatisch::2376.html http://www.visibledust.com/products3.php?pid=305 http://www.visibledust.com/products3.php?pid=450

oder unter dem Namen "Klistierspritze" aus der Apotheke besorgen. Wichtig ist, den Blasebalg gelegentlich und vor dem ersten Einsatz (auch innen) z. B. mit Ethanol oder Isopropanol zu reinigen, damit man durch die Spitze bei vorangegangenen Aktionen eingesaugten Staub oder gar herstellungsbedingtes Talkumpulver nicht in der Kamera verteilt.

Es gibt teurere Bälge mit Einwegventil, die die Luft von der Rückseite und über einen Filter ansaugen. Diese haben das oben geschilderte Problem naturgemäß nicht. Andere verfügen über ein Überdruckventil - der schnelle Druckanstieg der ausströmenden Luft soll die Reinigungsleistung verbessern.

Die manchmal mitgelieferten Pinsel sind gefährlich und für die Mülltonne. Längere Kunststoffspitzen statt kürzeren Metallspitzen erleichtern den Zugang - immer jedoch ist darauf zu achten, daß man weder die Sensoroberfläche noch andere Bauteile im Inneren der Kamera mit dem Reinigungsgerät berührt.

Vorgehensweise

Die Kamera ist äußerlich, z. B. mit einem feuchten Lappen und/oder einem Pinsel zu reinigen und (am Netzteil oder mit vollem Akku - s. o.) in den Reinigungsmodus zu versetzen. Anschließend kann man das Objektiv oder den Verschlußdeckel für das Gehäuse (Nikon: "Body Cap", "Gehäusekappe") abdrehen um den Zugang zum Sensor freizulegen.

Nun bläst man mit kurzen aber kräftigen Pumpstößen den Sensor aus allen Richtungen frei. Dabei kann man durchaus auch andere Kamerainterna (AF-Sensor, hochgeklappter Spiegel etc.) gleich mitversorgen.

Dann das Objektiv/die Gehäusekappe wieder anbringen und den Sensorreinigungsmodus verlassen. Test der Verschmutzung nach 1. und ggfs. Wiederholung der Prozedur.

Öl-/wasserfreier Luftkompressor

Analog/alternativ zu 4. bemüht der Kamerafachhandel meist einen Luftkompressor, üblicherweise ein Modell mit Membranpumpe. In kundiger Hand, auf mäßigem Druck und von Öl/Wasser befreit, bekommt man mit Druckluft das Kamerainnere oft besser und punktuell sauber als mit der Blasebalgmethode - allerdings auch mit dem höheren Risiko, empfindliche Teile wie Verschlußlamellen irreparabel zu beschädigen.

Feuchtreinigung

Einleitendes

Eine Feuchtreinigung stellt immer ein gewisses Risiko dar. Die Chemie kann dem Sensor (oder anderen Teilen der Kamera) schaden, man kann durch Putzbewegungen Kratzer oder andere Beschädigungen verursachen und nahezu immer verliert man den Gewährleistungsanspruch des Kameraherstellers - auch wenn einige Hersteller von Reinigungsflüssigkeiten (u. a. Photosol) von sich aus die Unbedenklichkeit garantieren und der Werkskundendienst im Check&Clean-Service mit nahezu identischen Methoden arbeitet.

Wer gewisse Probleme mit der Hand-Auge-Koordination hat, unter Tremor leidet, ungeduldig, ängstlich oder unter Zeitdruck ist, sollte die Finger von einer Feuchtreinigung lassen und dafür den Fachmann aufsuchen.

Achtung:
!

Der Feuchtreinigung sollte immer eine Trockenreinigung vorangegangen sein. Diese Maßnahme stellt nahezu 100%ig sicher, daß man keine harten und potentiell kratzenden Verschmutzungen (Sand, d. h. Siliziumdioxid ist äußerst hart, härter als Lithiumniobat und definitiv wesentlich härter als ITO) auf dem Sensor bewegt.


Chemie

An Reinigungsflüssigkeiten gibt es im Internet viele:

Wahl der Qual

Auch in Apotheken kann man sich mit Ethanol, Isopropanol und/oder Methanol versorgen. Das Problem dabei:

In der Apotheke gibt es bestenfalls "Hochrein" nach Arzneibuch ("Ph. Eur."). Die Industrie unterteilt feiner in unterschiedliche Klassen, z. B. "technisch" (größere Verunreinigungen; oft verfärbt), "zur Synthese", "rein", "reinst", "zur Analyse (z. A.); pro Analysi (p. A.)", etc. (in von links nach rechts wachsenden Preis- und Reinheitsklassen).

Man muß also schon recht genau wissen, was man will (und was nötig ist). Die Spezifikation "weniger als 5ppm Verunreinigung" von Photosol (s. auch http://photosol.com/eclipseproduct.htm) konnte bislang kein anderer Lieferant bestätigen/anbieten. Ob man diese Reinheitsklasse wirklich braucht, steht auf einem anderen Blatt. NaCl-(Kochsalz)-Rückstände oder ähnliche Substanzen, die womöglich auskristallisieren, möchte man aber definitiv nicht auf seinem Tiefpaßfilter haben.

Eclipse II (aka. "E2") ist tot, lang lebe Eclipse

Die Reinigung mittels Methanol (Eclipse) ist ein zweischneidiges Schwert:

Einerseits hört man, daß pures Methanol die ITO-Beschichtung angreifen soll, andererseit liest man, daß Hersteller von ITO-beschichteten Objketträgern (s. unten, Verwendung in derMikroskopie: das leitfähige ITO wird als Widerstandsheizung verwendet) nahezu überhaupt keine Vorsichtsmaßregeln aussprechen und angeblich nur die schlechte Ausführung der Beschichtung zu einigen Defekten/Ablösungen bei Canon führte.

Ein Umstand, den Photosol recherchiert und Canon schließlich auf Kulanz repariert hätte.

Wieder andere reinigen ihren ITO-beschichteten Sensor seit Ewigkeiten fleißig und problemlos mit Eclipse (nur Methanol, angeblich bessere Reinigungswirkung als das Methanol-Ethanol-Gemisch). Und bei der Nikon D70 ist man sich nicht einmal einig, ob überhaupt ITO auf dem Sensor drauf ist oder nicht. Photosol meint "Ja", Thom Hogan ist sich ziemlich sicher, daß nicht.

Und Nikon verbietet bekanntlich dem Endnutzer sowieso kategorisch am Sensor irgendetwas anderes als Blasebalgdruckluft zu verwenden.

Was ist also dran?

  1. E2 (ein Gemisch aus Methanol, Ethanol und Isoprop) reinigt nach verbreiteten Erfahrungen schlechter und verdunstet langsamer als Eclipse (reines Methanol).
  2. Für geraume Zeit galt Eclipse (d. h. reines Methanol) als schädlich für ITO-beschichtete Sensoren. Es sei zu Ablösungsphänomenen gekommen. Nach Recherchen des Herstellers habe es sich dabei aber um _Fertigungsfehler_ in der Beschichtung, nicht aber um generelle Unverträglichkeiten gehandelt.
  3. Photosol zum Thema: http://www.photosol.com/documents/eclipse_e2_announcement.pdf und auf eine Anfrage via Mail:
"[...] We have tested and found that Ecilpse is safe and more effective than E2. There for we have discontinued E2. Going forward you will be fine with the Eclipse on all your cameras. The E2 is still safe to use. [...]"

Stimmen

http://www.2spi.com/catalog/standards/ITO-coated-slides-resistivities.php Dort heißt es:

"[...] Cleaning your ITO-coated Slides: Each SPI Supplies Brand ITO coated slide arrives individually wrapped in a special protective paper selected to keep the slide clean and damage free during shipment and storage. However, there could be times when the user would feel more comfortable giving the slide a cleaning treatment prior to use, and the recommended cleaning solvent is isopropyl alcohol.

This solvent should not injure the ITO coating but with prolonged contact, it could start to dissolve a bus-bar if present. Under no circumstances should you try cleaning with alkali solutions. Dilute sodium hydroxide solutions are commonly used for patterning ITO.

We would also recommend a high quality lint-free cotton wiper such as our own SPI-Wipes™ Lint-Free Cotton Wipers. In any case, whatever you do, do not use any acid for cleaning, even a weakly acid agent, because it will definitely damage the ITO coating irreparably. [...]".

Kurz: SPI stuft (hochprozentigen) Isopropanolalkohol und fusselfreie Baumwoll-/Reinraumtücher als sicher, alkalische Lösungen hingegen als hochriskant ein.

Eine Stimme aus dem Hause Kodak: http://www.l-camera-forum.com/leica-forum/digital-forum/20799-sensor-cleaning-kodak-speaks.html

"[...] 1. The KAF-10500 does use ITO (Indium Tin Oxide) technology but this is used in the design of the sensor itself and not on the cover glass.

2. The KAF-10500 cover glass is coated on both the top and bottom surface with an AR (anti-reflective) coating.

3. The Kodak Application Note MTD/PS-0237 on cover glass cleaning, Revision 2 dated 2001 is a valid document for the cleaning of the KAF-10500 cover glass.

4. Kodak uses a high grade iso propanol or 200 proof Ethyl Alcohol for cover glass cleaning. Kodak does not use or recommend Methanol because it has poorer cleaning properties, is toxic, and, if denatured, the denaturing components can leave a residue.

5. The only item out of date in the Application Note is the recommendation to use Kodak lens cleaning paper, catalog number 154 6027. Kodak no longer manufactures lens cleaning paper. An equivalent paper for cleaning precision optics could also be used.

6. Kodak cannot recommend specific third party cleaning fluids because if Kodak tested a sample of a third party fluid today and found it acceptable, there is no guarantee that the manufacturer would not change the formulation at a later time.

So there it is from Kodak, the desiner and manufacturer of the KAF-10500 sensor manufactured for Leica and the M8. [...]"

Kurz: Hochreines Isopropanol und entsprechende Optiktücher sind OK, reinigen dem Vernehmen nach sogar besser als Methanol, welches außerdem giftig ist und nach einiger Zeit (durch Wasseransammlung) seine Eigenschaften verliert und Schlieren zieht.

Test

Zum Test auf Verträglichkeit eignet sich ein MC-(mehrfach antireflex)beschichtetes UV-/Objektivschutz-/ND- oder Polfilterglas, welches man auf ein schwarzes Tuch legt. Im reflektierten Licht sieht man sehr schnell, ob die Reinigungsflüssigkeit der Wahl Schlieren zieht.

Mechanik

Zum Vorurteil: "Swabs schieben den Dreck nur an den Rand"

Das Argument "man schiebt den Dreck nur zum Rand" hält sich hartnäckig. Man geht dabei davon aus, der Sensor wäre bis zum Rand mit Pixeln bedeckt, so ein SensorSwab wäre ein Gummirakel und der Dreck hätte epische Dimensionen.

De facto können Verunreinigungen bestens von den Poren des (befeuchteten) Reinraumtuches aufgenommen werden und eine vernünftige Technik (Trockenreinigung per Blasebalg vor der Naßreinigung) stellt nahezu 100%ig sicher, daß man keine harten und potentiell kratzenden Verschmutzungen auf dem Sensor bewegt. Stimmte die These "Swabs schieben den Dreck nur an den Rand", könnte man mit einem befeuchteten Fensterputztuch tausende Quadratmeter Fenster reinigen und das Tuch würde niemals dreckig.

Bezugsquellen

Das Internet stellt ein Füllhorn an mit Reinraumruch ausgestatteten Wischern für annähernde jede Sensorgröße bereit:

Viele Modelle wurden inzwischen überarbeitet und ergonomischer/effizienter gestaltet - der Autor hat die besten (und vor allem auch am besten reproduzierbare) Erfahrungen mit der Marke "SensorSwab" (dabei handelt es sich um einzeln in Folie geschweißte Spatel, die unter Reinraumbedinungen mit Optiktuch bespannt wurden) des Herstellers "Photographic Solutions" gesammelt.

Im Folgenden sollen dieses und analoge Produkte kurz als "Swab" bezeichnet werden.

Vorgehensweise

Nach Freilegen des Sensors und Trockenreinigung via Blasebalg zieht man den Swab aus seiner Umverpackung und befeuchtet ihn mit der Reinigungslösung. 2-4 Tropfen davon reichen aus, bei hartnäckigem Schmutz kann man auch stärker benetzen, muß aber etwaige Schlieren nachreinigen.

Grundsätzlich ist nach den Herstellerangaben vorzugehen. Jedoch:

Den Hinweis, einen Swab nur 1x zu verwenden (d. h. 1x Vorderseite entlang der Längsrichtung des Sensors, 1x Rückseite in umgekehrter Richtung) sieht der Autor etwas entspannter - trotzdem sei erwähnt, daß man u. U. die Garantie des Reinigungsmittelherstellers verliert, so man von der empfohlenen Vergehensweise abweicht und/oder Flüssigkeiten von Fremdherstellern verwendet.

Oft befinden sich Verschmutzungen übrigens an den extremen Rändern des Filters, die man erst konzentrisch zur Mitte "kehren" muß. Das kann dann mit einem bereits 1x gebrauchten und wieder luftdicht verpackten Swab oder der einen Seite des neuen Swabs geschehen. Anschließend zieht man mit der anderen Seite genau (und nur einmal) entlang der Längsseite.

Nur Mut: Hartnäckige Verschmutzungen erfordern oft mehrere Reinigungsdurchgänge, die man z. B. mit einem stark benetzten und schon 1x gebrauchten Swab erledigt und ihn dann entsorgt. Die Endreinigung dann mit einem neuen Teil. So bekommt bekommt man die Oberfläche im allgemeinen ziemlich sauber.

Als empfohlenen Anpreßdruck des Swabs hört man übrigens oft den, den man auch beim normalen Führen eines Tintenfüllfederhalters anwenden würde. Etwas mehr (Kugelschreiberniveau) schadet ebenfalls nicht, da der Swab den Druck über eine durchaus große Fläche verteilt.

Für den eiligen Leser

Dem eiligen Leser wäre zu empfehlen, z. B. bei Monochrom.com vorstellig werden und einen Satz SensorSwabs samt Eclipse-Fluid (womöglich im "Digital Survival Kit") anzuschaffen. Das Fläschchen Eclipse hält sich nach Erfahrung des Autors quasi ewig (Kühlschrank), zumindest aber etliche Dutzend Reinigungen. Eclipse enthält lt. Beipackzettel giftiges Methanol, verdunstet etwas rascher als E2 (daher den Swab ggfs. mit einem Tropfen mehr befeuchten) und hat extrem wenig Kontamination mit Dingen, die man nicht auf seinem Sensor verreiben will.

Zur Vorreinigung ist ein Blasebalg dringend zu empfehlen. Manche nehmen Klistierspritzen aus der Apotheke, was der Autor wegen etwaiger Talkumbeschichtungen für eine weniger gute Idee hält.

Technischer Hintergrund:

Man kennt nicht die Art der Verschmutzung. Ist es Quarzstaub (aka. "Sand"), könnte man sich mit dem SensorSwab schon ein paar derbe Kratzer auf den Sensor (bzw. dem Tiefpaßfilter oder der ITO- Beschichtung) machen. Diese ITO-Schicht und der Tiefpaßfilter sind zwar robuster als manche Werbung glauben machen will (härter als die meisten Kunststoffe aber etwas weicher als Quarzglas), beliebig viel hält sie aber auch nicht aus.

Quarzstaub läßt sich mit dem Balg leicht abpusten und verklebter Schmutz (Pollen, Hautschuppen, Öltröpfchen - ja, auch sowas schafft sich auf den Filter) ist meist deutlich weicher als die Unterlage, benötigt aber eine intensive Feuchtreinigung.

Schwere/hartnäckige Fälle, die auch mehreren Feuchtreinigungen widerstehen, sollten aber eher dem Service überlassen bleiben. Die Techniker dort haben eine beleuchtete Lupe und rücken festgebackenem Schmutz mit einer Art abgeschrägtem Eßstäbchen und Reinraumtuch zu Leibe. Das ginge aber möglicherweise über den Level an Experimentierfreudigkeit, die einem Hobbyisten zuzumuten wäre.

Außerdem ist dessen Equipment in der Fachwerkstatt versichert und er erhielte im schlimmsten Fall ein neues Sensormodul.

Geiz-ist-Geil-Lösungen?

Ja, fast 6€ für einen einzigen Swab sind schon ein deftiger Preis. Manche basteln sich daher aus Reinraumtüchern und den alten Plastiklaffen eines Swabs ihr eigenes Tool. Das ist durchaus möglich - aber umständlich und etwas unsicher. Schließlich schrubbt man ja nicht täglich in seiner D-SLR herum.

Zum Vergleich: Beim Nikon-Händler kostet eine einzige Reinigung um die 30€ und man sieht seine heißgeliebte Kamera für ein paar Tage nicht wieder. Ob der Sensor dann blitzeblank ist, sei auch dahingestellt.

Worst Case

Bei einer Feuchtreinigung ist der Sensor verkratzt oder anderweitig beschädigt worden. Nun, wie wir seit 1. wissen, betrifft das meistens nicht den Sensor, sondern nur dessen Deckglas. Dieses kann meist im einschlägigen Fachhandel für teures - aber im Vergleich zum Sensortausch kleines - Geld gewechselt werden.

Einige Anbieter sind sogar in der Lage, statt des defekten Teils entweder Planglas (höhere Auflösung und Schärfe, gesteigertes Moiree-Risiko), einen normalen Tiefpaßfilter oder sogar IR-Filter (d. h. strenggenommen solche, die nur infrarotes Licht durchlassen) einzubauen. Letztere eignen sich für die Infrarotfotografie anstelle von IR-Schraubfiltern auf dem Objektiv, wenn man im Sucher bzw. ohne Live-View noch etwas sehen will.

Eine DIY-Reparatur müßte unter Reinraumbedingungen am - nun wirklich offen und ungeschützt liegenden - Sensor erfolgen und ist daher außerhalb der Reichweite der meisten Hobbyisten.

Prävention

Die folgende Stichwortliste soll Anreiz für eigene Überlegungen/Ergänzungen sein:

  1. Kameraaufbewahrung im staubhemmenden Sack.
  2. Objektivwechsel mit nach untem gerichteten Bajonett und in möglichst sauberer Umgebung.
  3. Verwendung abgedichteter Objektive und Kameras.
    1. Ausmustern sog. "Luftpumpen", d. h. teleskopisch ausfahrender und schlecht abgedichteter Objektive.
  4. Behandlung/Reinigung der Sensoroberfläche mit einem Antistatikum.
  5. Außenreinigung vor Innenreinigung.
  6. Prophylaktische Reinigung des kompletten Kamerainnenraums.

Haftungsausschluß

Ja, es muß leider immer wieder explizit erwähnt werden:

Bei eigenmaechtigen Veränderungen an oder Manipulationen der Kamera außerhalb der Erlaubnis des Handbuchs erlischt zumeist die Werksgarantie. Ich will niemanden zum Gesetzesbruch oder dazu ermutigen, sich den Sensor, seine Kamera, die Gesundheit oder den Wohnzimmerteppich zu ruinieren.

Die hier geschilderte Tips und Vorgehensweisen dienen nur der persönlichen, nichtkommerziellen Information - für die Richtigkeit der Angaben, die Gültigkeit und den Inhalt der zitierten Links und eventuell entstehende Schäden kann und will der Autor keine Haftung übernehmen. Schrauben und Werken ohne Sachverstand gefährdet Mensch und Maschine.

Siehe auch